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"Vertrauen
ist wichtiger als Motivation"
Verlässlichkeit ist in der Managementausbildung kein Thema,
beklagt Professor Fredmund Malik. Dabei komme es doch gerade darauf
an
Über kaum
etwas wurde in den letzten vierzig Jahren in Zusammenhang mit Management
so viel geschrieben und diskutiert wie über Motivation und
Führungsstil. Diese Themen dominieren in zahlreichen Variationen
die Managementausbildung bis heute, und es ist kein Ende in Sicht.
Sie sind das Erste, was Managern in den Sinn kommt, wenn es um Führung
geht. Ich halte beide nicht für besonders wichtig - jedenfalls
für längst nicht so bedeutsam, wie durch die Intensität
der Auseinandersetzung mit ihnen suggeriert wird.
1 Er
hat dann nämlich etwas geschaffen, was man eine robuste Führungssituation
nennen kann, - robust gegen die vielen Führungs-, Verhaltens-
und Motivationsfehler, die täglich passieren. Nicht, dass man
sie entschuldigen oder gar rechtfertigen dürfte; aber sie unterlaufen
auch den besten Managern, ohne dass sie es wollen, und meistens
auch ohne dass sie es merken. Manager sind nicht so sensitiv, wie
manche Psychologen sie gerne hätten.
2 Es
gibt Wichtigeres, das leider weithin übersehen wird. Es springt
aber sofort ins Auge, wenn man sich mit einem oft anzutreffenden
scheinbaren Paradoxon befasst: Es gibt Führungskräfte,
die - wenn man das Lehrbuch als Maßstab nimmt - alles falsch
machen und trotzdem eine ausgezeichnete Situation in ihren Firmen
und Führungsbereichen haben, ein gutes Klima und leistungsorientierte
Mitarbeiter.
3 Wenn
man der Sache auf den Grund geht, stellt sich fast immer heraus,
dass nicht Motivation und Führungsstil, auch nicht emotionale
Intelligenz die wesentlichen Aspekte sind, sondern die Frage, ob
die Leute ihrem Chef vertrauen. Wenn und insoweit ein Manager das
Vertrauen seiner Umgebung - Mitarbeiter, Kollegen und Vorgesetzte
- zu gewinnen und zu erhalten verstanden hat, spielen alle anderen
Dinge eine vergleichsweise unbedeutende Rolle.
4 Und
es gibt andere, die alles richtig, alles gemäß herrschender
Lehre und Managementseminare tun, sie beherzigen die Führungsstilempfehlungen
und Motivationslehren einschließlich der EQ-Ratschläge
- und dennoch haben sie das Gegenteil: eine schlechte Stimmung in
ihren Verantwortungsbereichen, frustrierte Mitarbeiter und eine
leistungsfeindliche Unternehmenskultur. Wie ist das zu erklären?
Er hat dann
nämlich etwas geschaffen, was man eine robuste Führungssituation
nennen kann, - robust gegen die vielen Führungs-, Verhaltens-
und Motivationsfehler, die täglich passieren. Nicht, dass man
sie entschuldigen oder gar rechtfertigen dürfte; aber sie unterlaufen
auch den besten Managern, ohne dass sie es wollen, und meistens
auch ohne dass sie es merken. Manager sind nicht so sensitiv, wie
manche Psychologen sie gerne hätten
1 Ohne
ein Minimum an gegenseitigem Vertrauen geht in einer Organisation
nichts. Die Logik ist ebenso einfach wie zwingend: Wenn und solange
Vertrauen gegeben ist, braucht man sich über Motivation, Betriebsklima,
Unternehmenskultur und so weiter keine übermäßigen
Sorgen zu machen, obwohl ich natürlich nicht davon abraten
will, sich darum zu kümmern. Viel wichtiger hingegen: Fehlt
es an Vertrauen, dann bleiben alle diesbezüglichen Maßnahmen
wirkungslos - ja, schlimmer, sie verkehren sich ins Gegenteil. Motivationsbemühungen
und Unternehmenskulturprogramme werden dann häufig als besonders
raffinierte Formen der Manipulation verstanden und letzten Endes
als ausgesprochener Zynismus. Im Lichte der Bedeutung, die Vertrauen
hat, ist es ziemlich bemerkenswert, dass es zwar tausende von Untersuchungen
und Büchern über Motivation und Führungsstil gibt,
aber fast gar nichts über Vertrauen. Es ist schlicht übersehen
worden; und die Praxis hat es jahrzehntelang geduldet, dass - leicht
als solche erkennbare - Irrlehren in der Ausbildung verbreitet wurden.
2 Die
Frage ist somit nicht, ob Führungsfehler passieren oder nicht;
die Frage ist, wie schwer sie wiegen. Organisationen müssen
ein erhebliches Maß an "Dickfelligkeit" haben, wenn
sie funktionieren sollen. In Unternehmen, und besonders in den gut
geführten, ist man nicht besonders empfindlich. Man hat wenig
Zeit - und im Grunde auch wenig Verständnis für übertriebene
Sensibilitäten. Wenn alles, was passiert, jeden Tag auf die
Goldwaage gelegt und wenn alles, was gesagt oder auch nicht gesagt
wurde, ständig hinterfragt wird, dann hat man in einer Unternehmung
keine ökonomische Veranstaltung mehr, dann ist sie eher eine
psychiatrische Anstalt - und dann kann man aufhören zu wirtschaften.
3 Zwei
weit verbreiteten Missverständnissen sei vorgebeugt: Man beachte,
dass zu meinen, was man sagt, nicht bedeutet, alles zu sagen, was
man meint. Das wäre in der Wirklichkeit unserer Organisationen
naiv. Als Führungskraft wird man sich zu überlegen haben,
was man sagt, vor wem und wann. Wenn man sich aber entschließt,
etwas zu sagen, dann muss es so gemeint sein. Und man beachte zweitens,
dass das nicht heißt, dass man seine Meinung nicht mehr ändern
darf. Selbstverständlich darf man das, und es wird vielleicht
öfter der Fall sein müssen als früher, weil sich
die Lage in jeder Organisation heute rascher verändert als
vielleicht je zuvor. Man muss es nur sagen, dass man seine Meinung
geändert hat; und wenn man gut führen will, begründet
man es auch.
4 Vertrauen
ist die Grundlage jeder vernünftigen, menschengerechten, vor
allem aber jeder funktionierenden Form von Führung. Es erfordert
keine besonderen Fähigkeiten und Begabungen und schon gar keine
hochgestochenen Theorien, wie sie heute für alles und jedes
zeitgeistkonform bemüht werden. Vertrauen und auch sein Gegenteil,
Misstrauen, sind
entgegen allgemeiner Meinung keine emotionalen Phänome, obwohl
gewisse Gefühlslagen mit beiden verbunden sein mögen.
Es ist auch gänzlich unnötig, sofort von Vertrauenskultur
zu sprechen, wie das meistens reflexartig passiert. Was nötig
ist, sind konsistentes Verhalten, Verlässlichkeit und vielleicht
das, was man als charakterliche Integrität zu bezeichnen pflegt:
meinen, was man sagt - und so handeln; halten, was man verspricht.
Prof. Fredmund Malik ist Verwaltungspräsident des Management
Zentrums St. Gallen und Herausgeber von "M.o.M. Malik on Management"